Neustart im Team

FAQ

1. Was bedeutet Resettlement und wie funktioniert das Verfahren?

Resettlement ist ein internationales Instrument zur Lösung langanhaltender Fluchtsituationen. Es soll Geflüchteten Schutz bieten, wenn ihr Leben, ihre Freiheit, Sicherheit, Gesundheit und andere fundamentale Rechte in den Staaten, in die sie bereits geflohen sind – in den sogenannten Erstzufluchtsstaaten – weiterhin gefährdet sind bzw. wenn der dauerhafte Verbleib dort nicht zumutbar erscheint.

Deutschland nimmt seit 2013 regelmäßig besonders schutzbedürftige Flüchtlinge im Wege des Resettlement auf. Derzeit aus Ägypten, Jordanien, Kenia, dem Libanon, Niger und Pakistan. Die Personen werden durch den UNHCR nach festgelegten und international anerkannten Verfahren ausgewählt und Staaten mit Resettlement-Programmen, so auch Deutschland, zur Aufnahme vorgeschlagen. Die Letztentscheidung über die Aufnahme trifft der aufnehmende Staat. In Deutschland ist für diese Entscheidung das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) verantwortlich.

2. Wie groß ist der Bedarf für Resettlement weltweit?

UNHCR beziffert den weltweiten Bedarf für Resettlement auf ca. 2 Mio. Flüchtlinge, die weder eine Rückkehrmöglichkeit in ihre Heimat, noch Zukunftsperspektiven im derzeitigen Zufluchtsstaat besitzen. 

3. Nach Deutschland sind in den letzten Jahren bereits sehr viele Flüchtlinge gekommen. Warum hat die Bundesregierung jetzt zusätzlich noch das Pilotprogramm NesT geschaffen und was sind das für Personen, die darüber nach Deutschland kommen können?

Mit dem Programm „NesT“ wird eine stärkere Einbindung der Zivilgesellschaft bei der Unterstützung von Resettlement-Flüchtlingen beim Ankommen in Deutschland angestrebt. Das Programm umfasst im Jahr 2023 die Aufnahme von 200 Personen, wenn sich Mentoring-Gruppen finden, die ideell und finanziell unterstützen. Die 200 Personen reisen zusätzlich zu den ohnehin von der Bundesregierung angebotenen Aufnahmeplätzen für Resettlement-Flüchtlinge ein. Flüchtlinge, die über „NesT“ nach Deutschland kommen, durchlaufen das Resettlement-Aufnahmeverfahren und werden noch vor der Einreise mit passenden Mentoring-Gruppen auf deutscher Seite zusammengebracht.

4. Kann ich auch als Einzelperson im Rahmen von NesT einen Flüchtling bzw. eine Flüchtlingsfamilie unterstützen?

Die finanzielle und ideelle Verantwortung, welche Mentorinnen und Mentoren im Rahmen des Programms NesT übernehmen, ist sehr groß und soll deshalb auf mehreren Schultern verteilt werden. Dadurch soll eine Überforderung der Mentoring-Gruppe vermieden werden.

Sowohl juristische Personen (z.B. eingetragene Vereine) als auch natürliche Personen (jedermann) können eine Mentoring-Gruppe bilden. Bei einer Mentoring-Gruppe bestehend aus natürlichen Personen, z.B. Gemeindemitglieder, Nachbarn, Freunde, Arbeitskollegen, müssen sich mindestens vier Personen zusammentun. Soweit eine oder mehrere juristische Person/en eine Mentoring-Gruppe bilden, ist zu beachten, dass vier natürliche Personen als Ansprechpartner benannt werden müssen.

5. Kann ich als Mentoring-Gruppe einen Flüchtling zur Aufnahme über NesT vorschlagen oder kann ich mich als Flüchtling im Erstzufluchtsstaat zur Aufnahme über NesT melden?

Das Programm NesT richtet sich an Resettlement-Flüchtlinge. Das Resettlement-Verfahren ist ein international anerkanntes Verfahren. Weitere Informationen zu Resettlement und dem Ablauf des Verfahrens erhalten Sie unter www.resettlement.de. Im Rahmen dieses Verfahrens besteht weder ein Vorschlagsrecht von im Aufnahmestaat (Deutschland) lebenden Personen noch ein Antragsrecht von Flüchtlingen in Erstzufluchtsländern.

6. Warum muss eine interessierte Mentoring-Gruppe verpflichtend eine Basisschulung absolvieren, bevor sie überhaupt einen Antrag auf Mentoring im Rahmen von NesT gestellt hat?

Ziel der Basisschulung für interessierte Mentorinnen und Mentoren ist vor allem eine Programmschulung. Das bedeutet, dass Interessierte intensiv Inhalte und Ziele des Programms NesT kennenlernen. Dies soll zum einen dazu beitragen, dass Interessierte entscheiden können, ob sie sich im Rahmen des Programms engagieren möchten. Zum anderen soll die Schulung erste Fragen potentieller Mentorinnen und Mentoren beantworten und den persönlichen Kontakt zur Zivilgesellschaftlichen Kontaktstelle herstellen.

7. Welche Rolle haben die zwei Hauptmentorinnen und –mentoren?

Alle Beteiligten engagieren sich je nach Ressourcen und Kompetenzen gleichermaßen im Projekt. Die Hauptmentorinnen oder -mentoren fungieren für die ZKS und das BAMF als Hauptansprechpersonen im Antragsprozess und bei der Begleitung der Flüchtlinge. Sie sind auch diejenigen, die die Unterstützungserklärung gegenüber dem BAMF abgeben, mit der das Mentoring und die zugrunde liegenden ideellen und finanziellen Pflichten verbindlich werden.

8. Wer sind die am Programm beteiligten Akteure?

Ein breites Bündnis von staatlichen und zivilgesellschaftlichen Akteuren steht hinter „Neustart im Team“. Die Umsetzung liegt beim Bundesministerium des Innern und für Heimat (BMI), der Beauftragten der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration sowie Antirassismus (IntB) sowie dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF). Von zivilgesellschaftlicher Seite unterstützen Wohlfahrtsverbände, Kirchen, NGOs sowie Stiftungen das Programm. UNHCR kommt eine entscheidende Rolle bei der Feststellung der Flüchtlingseigenschaft und des Resettlement-Bedarfs zu.

9. Kann sich die Mentoring-Gruppe einen bestimmten Flüchtling aussuchen, den sie unterstützen will, z.B. anhand der Religionszugehörigkeit?

Grundsätzlich besteht kein Auswahlrecht der Mentoring-Gruppe, welche Flüchtlinge sie unterstützen möchte (und welche nicht). Das BAMF nimmt die Zusammenführung von Mentoring-Gruppe und passenden Resettlement-Flüchtlingen vor. Dabei wird das BAMF, soweit möglich, von der Mentoring-Gruppe mitgeteilte Rahmenbedingungen wie z.B. die Möglichkeit der Aufnahme einer Einzelperson oder einer Familie, die Wohnungsgröße sowie möglicherweise vorhandene Sprachkenntnisse berücksichtigen.

Vor Übernahme der finanziellen und ideellen Verantwortungen im Rahmen des Programms NesT, erhält die Mentoring-Gruppe einen anonymisierten Steckbrief der Flüchtlinge. In besonders begründeten Ausnahmefällen besteht die Möglichkeit, die Übernahme der Verantwortung für die darin vorgeschlagenen Flüchtlinge abzulehnen.

10. Warum müssen Mentoring-Gruppen auch finanzielle Verpflichtungen übernehmen und steht das nicht dem Ideal der „Begegnung auf Augenhöhe“ entgegen?

NesT ermöglicht die zusätzliche Aufnahme besonders schutzbedürftiger Flüchtlinge, indem Staat und Zivilgesellschaft die Aufgaben, zu denen auch die finanziellen Leistungen gehören, gemeinsam erfüllen. NesT ist also eine Ergänzung staatlicher Aufnahmen und die finanziellen Leistungen der Mentoring-Gruppe sind Ausdruck einer gemeinsam übernommenen Verantwortung für weitere Menschen in Not.

Eine Begegnung auf Augenhöhe im Sinne eines gegenseitigen wertschätzenden Umgangs ist dadurch nicht gefährdet, vielmehr zeigt das große gemeinschaftliche Engagement der Mentorinnen und Mentoren ihre Empathie und ihr Interesse daran, den aufgenommenen Menschen dabei zu helfen, in Deutschland ein neues Leben in Eigenständigkeit aufzubauen. Zudem haben die Mentoring-Gruppen vor Ort bessere und ggf. auch andere Möglichkeiten als staatliche Stellen, passenden Wohnraum für die Flüchtlinge zu finden. Eine finanzielle Abhängigkeit besteht nicht, da die Flüchtlinge Ansprüche auf Sozialleistungen haben, die ihnen ein Existenzminimum sichern.

11. Kann das erforderliche Geld für die Nettokaltmiete auch monatlich von der Mentoring-Gruppe bereitgestellt werden?

Die Nettokaltmiete für 1 Jahr muss vor Einreise auf ein eigens eingerichtetes Konto eingezahlt werden. Erst nach Vorlage eines Nachweises über die Einzahlung wird seitens des BAMF die Einreise der Flüchtlinge vorbereitet. Dieses Vorgehen soll sicherstellen, dass die finanziellen Mittel zur Unterstützung der Flüchtlinge für den gesamten Zeitraum zur Verfügung stehen.

12. Unter den Mentoring-Gruppen werden auch Menschen sein, die sich vielleicht bisher noch nicht in der Flüchtlingsarbeit engagiert haben. Ist das nicht unverantwortlich gegenüber den aufgenommen Flüchtlingen?

Fehlende Erfahrung in der Flüchtlingsarbeit steht einem Engagement im Rahmen des Programms NesT nicht entgegen. Aufgabe der Mentoring-Gruppe ist es, den aufgenommenen Flüchtlingen im Alltag zu helfen. Der Umgang mit besonderen Problemen, beispielsweise physische oder psychische Erkrankungen, ist nicht ihre Aufgabe; hier sollen sie lediglich Zugangsmöglichkeiten zu Expertinnen und Experten schaffen.

Sämtliche Interessierte werden außerdem vor Antragstellung im Rahmen einer kostenlosen, verpflichtenden, Basisschulung auf das Programm vorbereitet. Ergänzend stehen den Mentoring-Gruppen im Nachgang kostenlose vertiefende Schulungen zu verschiedenen Themen wie z.B. „Nähe und Distanz“, „Möglichkeiten und Grenzen der Unterstützung“ sowie „Gesellschaftliche Teilhabe für Flüchtlinge“ zur Verfügung.

Zudem stellt die Mentoring-Gruppe im Antrag dar, inwiefern sie sich mit den Aufgaben des Mentorings beschäftigt hat und welche regionalen Informationsangebote und Unterstützungsstrukturen für Flüchtlinge, aber auch für sie als ehrenamtlich Tätige bestehen.

13. Werden die im Rahmen von NesT aufgenommenen Flüchtlingen nicht bessergestellt als andere Flüchtlinge mit besonderem Schutzbedarf?

Flüchtlinge, welche im Rahmen des NesT Programms in Deutschland aufgenommen werden, haben dieselbe Rechtstellung wie andere Flüchtlinge, welche im Rahmen von Resettlement-Aufnahmen nach Deutschland einreisen. Der Unterschied besteht darin, dass die Flüchtlinge eine Mentoring-Gruppe zur Seite haben, die im Alltag unterstützt. Vergleichbare Hilfen gibt es bereits; bei NesT sind sie verbindlich festgeschrieben und sollen eine schnellere Integration der Flüchtlinge ermöglichen.

14. Müssen die über NesT aufgenommenen Flüchtlinge in Deutschland noch ein Asylverfahren durchlaufen?

Flüchtlinge, welche im Rahmen von Resettlement nach Deutschland einreisen, also auch die über NesT Aufgenommenen, erhalten einen Aufenthaltstitel nach § 23 Absatz 4 Aufenthaltsgesetz und sind damit weitestgehend anerkannten Flüchtlingen (die in Deutschland ein Asylverfahren durchlaufen haben) gleichgestellt. Es ist somit nicht notwendig, dass diese zusätzlich noch einen Asylantrag stellen. Die Stellung eines Asylantrages hätte für diese Flüchtlinge sogar negative Folgen, da sie dadurch ihren Aufenthaltstitel verlieren könnten.

15. Kann das Programm NesT zur Familienzusammenführung genutzt werden?

NesT basiert auf dem Resettlement-Verfahren, d.h. aufgenommen werden können nur Menschen, die Deutschland von UNHCR für die Resettlement-Aufnahme vorgeschlagen wurden. Ein Vorschlagsrecht der Mentorinnen und Mentoren beispielsweise aus Gründen der Familienzusammenführung gibt es bei NesT nicht.

Die Familienzusammenführung ist ein eigenständiger legaler Weg, über den man nach Deutschland kommen kann. Bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen besteht ein Anspruch auf Aufnahme, zu welchem Sie sich bei der zuständigen Ausländerbehörde oder Migrationsberatungsstellen informieren können.